"Tausende standen an den Hängen und Pisten."

Wer kennt ihn nicht, den unvergessenen Ausspruch des Sportkommentators Heinz Maegerlein?

Nun, bei der alpinen SKI-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen standen genug Toiletten bereit und trotzdem standen wir mit vielen anderen Fans zusammen an den Hängen und Pisten.

Aber der Reihe nach:
Schon Tage vor der offiziellen Eröffnung herrscht in der Stadt am Fuße der Zugspitze rege Geschäftigkeit. Die hübsch bemalten bayerischen Häuser zeigen mit Fahnen ihre Vorfreude und auch die Buden und Videoleinwände werden schon rechtzeitig aufgebaut. Heutzutage geht ja nichts über Public Viewing.

Auch wir haben uns schon einmal ein Plätzchen auf dem Wohnmobilstellplatz an der Wankbahn gesichert und freuen uns jeden Tag aufs Neue über das grandiose Bergpanorama

Vor einer großen Sportveranstaltung kommt meist eine großartige Eröffnungsfeier und in diesem Fall fiel sie besonders großartig aus, denn sie sollte eine Visitenkarte sein für die Münchner Olympia-Bewerbung 2018. Auch wenn Innenminister Thomas de Maizière in Anspielung auf Kanzlerin Angela Merkel anmerkte: Oder wie meine Physiker-Chefin sagen würde:

"Das ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung."

Will sagen: Eine tolle Ski-WM macht noch keine Olympiazusage.

Also, wenn die Findungskommission uns fragen würde, wir würden den Daumen definitiv hochrecken. Die Eröffnungsfeier war eine prachtvolle Visitenkarte „pro Olympia".
Fast hätten wir uns aber gar kein Urteil erlauben können, denn um ein Haar hätten wir draußen vor dem Tor gestanden. Wenn wir nicht einen edlen Spender getroffen hätten.

Die 11.000 kostenlos verteilten Eintrittskarten gingen nämlich über die Rathäuser bereits im November 2010 an Einheimische heraus und auswärtige Besucher der WM hatten keine Chance. So freuten wir uns doppelt, daß wir einen Urbayern trafen, der zwei überzählige Karten und ein Herz für wohnsitzlose PHOENIXE hatte.

Und dann sehen wir zusammen mit vielen anderen sprachlosen Zuschauern eine Lasershow vom Feinsten.

Der Aufsprunghügel der Olympiaschanze wird zur Schneeleinwand, auf die die Fahnen der teilnehmenden Nationen projiziert werden bevor zum „Rosenkavalier" von Richard Strauss (einem der berühmten Söhne der Stadt!) ein Feuerwerk losbricht gemischt mit durch die Luft wirbelnden roten Rosenblättern.

Diesem Feuerwerk der Pyro-Künste folgt am nächsten Tag ein Feuerwerk der Ski-Künste. Die Skischanze und das Olympiastadion liegen wieder friedlich (und wahrscheinlich erschöpft nach der durchtanzten Nacht) in der Sonne, denn die ersten Wettkämpfe in Super-G und Abfahrt finden auf der berühmt-berüchtigten Kandahar-Piste statt.

Shuttle-Busse transportieren tausende von Ski-Fans zu den Wettkampfstrecken und sorgfältige Ausschilderungen beseitigen letzte Zweifel an der Richtigkeit des eingeschlagenen Weges.

 

Verlaufen kann man sich aber sowieso nicht, denn bunt geschmückte, ausgelassene Stimmung verbreitende Figuren säumen die letzten Meter zu den WM-Pisten und heizen den Zuschauern schon auf dem Hinweg ein.

Und wer davon noch nicht genug hat, der kann bei der Animationsgruppe „Vierarmige Klappleiterskitrommel" stehenbleiben. Man braucht eine Weile, um zu verstehen, wie dieses seltsame Instrument denn funktionieren könnte. Zwei Monate hatten die Profischlagzeuger für die Materialentwicklung gebraucht. Die vierärmeligen Skijacken gibt es in keinem Laden zu kaufen.

Aber auch die Animationstrommler können uns nicht abhalten, zum Ort des Geschehens zu eilen. Der Stadionsprecher ist schon von weitem zu hören und das ist auch gut so, denn bei Eintrittspreisen von 26 - 129 Euro stehen viele Skibegeisterte mit uns zusammen als Zaungäste in Sichtweite von Zieleinlauf und Videoleinwand.

Mit Teleobjektiv und Fernglas ausgestattet sieht man die Rennläuferinnen auf ihrem heißen Ritt über die Eispiste und sogar die spätere Goldmedaillengewinnerin Lizz Görgl sehen wir ins Ziel rasen.

Als gut die Hälfte der Damen im Ziel ist, werden die Eingänge für alle geöffnet und so schauen wir uns das Renngeschehen auch gern aus der Nähe an und feiern mit den Maskottchen Ga und Pa das Festival im Schnee.

Und ein Festival ist es wahrhaftig. Die Sonne strahlt mit den Siegern um die Wette und das Bergpanorama liefert ein wunderbares Bühnenbild.

Und dann der Jubel:

Die Lokalmatadorin Maria Riesch hat die erste Medaille für Deutschland geholt.

Sie ist sowieso überall in der Stadt zu sehen: Auf Videowänden, auf Brötchentüten und sogar auf lila Gondeln.

Aber nun ist sie auch auf dem Treppchen und es ist egal, welche Farbe die Medaille hat, die sie um den Hals trägt

Die Presse überschlägt sich.

Und die Fans sind aus dem Häuschen. Hier ein Suchbild von oben geschossen. Findet Ihr das deutsche Ski-Idol? Kleiner Tipp: Immer der lila Mütze nach! Ja, richtig, da ist sie. Das gibt 100 Punkte und einen Zusatzpunkt, wenn Ihr ihren größten Fan findet. Kleiner Tipp: Ohne lila Mütze und ausnahmsweise auch ganz inkognito ohne seinen Hut!

Arme Maria! Sogar auf dem Weg ins warme Auto wird sie bedrängt.

So gehen die Tage dahin. Mal gewinnen die einen und mal verlieren die anderen. Da die deutschen Athleten insgesamt nicht viel auf die Beine stellen, halten wir mal zu den Österreichern und mal zu den Schweizern. Die Österreichischen Fans haben allen Grund zum Feiern und kennen da nix und schminken uns gleich in ihren Landesfarben.

Sogar in ihr Hauptquartier werden wir eingeladen, in den Tiroler Berg.

Dort geht schon am Nachmittag die Post ab. Es ist das Land, wo Rot- und Weißwein gratis fließen und deftige Brotzeiten kostenlos verteilt werden. Nach dem Motto: „Mit Tiroler Speck fängt man Mäuse ...oder Touristen." Denn die Kosten für diese großzügige Bewirtung trägt der Fremdenverkehrsverband. Uns soll's recht sein.

Die Stimmung ist grandios und satt wird man auch. Der Herr in der Trachtenjacke schenkt gnadenlos nach und auch das deftige Essen als Grundlage kann nicht verhindern, daß sich ein gewisser Übermut einstellt, der auch vor Promis wie Frau Ga und Herrn Pa nicht Halt macht.

Aber auch die Schweizer verstehen es, zu feiern. Leider holen sie meistens nur den vierten Platz, die Lederne, wie sie es nennen. Der Schweizer Skiverband hatte zwar die Devise ausgegeben, daß man 6-8 Medaillen anstrebt, aber dann wurden es nur 5-7 weniger.

(Dieser Satz ist ein Plagiat. Wir haben ihn in einer Glosse der Süddeutschen Zeitung gelesen und fanden ihn einfach zu originell!)

Bei der Abfahrt der Herren springt die einzige eidgenössische Medaille heraus. Didier Cuche fährt auf den zweiten Platz und die Schweizer Fans kommen mit ihren Fahnen groß raus.

Ein Glockenträgerzug geht im Gleichschritt und Gleichbimmel durch die Stadt und erntet große Aufmerksamkeit.

Überhaupt macht die Feierlaune der Fans mindestens ein Drittel des Flairs dieser WM aus. Das zweite Drittel geht an Doreen, das nicht kleinzukriegende Hoch am Alpenrand, das die Sonne mit vollen Händen ausschüttet.

 

Und dann sind da auch noch die Wettbewerbe. Am Gudiberg stürzen sich die Slalomfahrer ins Tal.

Wir schauen immer wieder fasziniert zu, wie sich die Sportler um die Stangen schlängeln. Maria Riesch wird zwar von Tausenden angefeuert, kann aber auch nicht immer und überall ganz vorn mit dabei sein.

Wenn wir uns bei solchen Massenveranstaltungen herumtreiben, dann unter anderem deshalb, weil uns die Kuriositäten reizen, die es dort zu sehen gibt. Eine mobile Bierzapfanlage hatten wir jedenfalls vorher noch nie gesehen.

Und als eingefleischte Wohnmobilisten gingen wir natürlich auch dem Gerücht nach, daß einige der superschnellen Rennläufer auch lieber ihr rollendes Zuhause dabeihaben anstatt ins Hotel zu gehen.

Und tatsächlich:

Das mobile Heim von Nicole Hosp konnten wir entdecken

und getarnt etwas abseits im Wald versteckt sogar die Villa auf Rädern des US-Ski-Rennläufers Bode Miller.

Wenn das keine Werbung für das mobile Leben ist?

Wir fühlen uns bestätigt!

 

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